Rohstoff ist nicht gleich Rohstoff

Von der ungleichen Behandlung von Rohstoffen in der Region Mittelrhein-Westerwald

 

Unsere Region ist reich an natürlichen Rohstoffen, wie zum Beispiel Bims, Basalt, Lava oder Ton. Wir sind auf diese Rohstoffe angewiesen. Sie sind wichtig für unsere Entwicklung und die unserer Wirtschaft.

Die Rohstoffe kommen räumlich begrenzt vor.

Auf die Nutzung der  Rohstoffe spezialisierte Wirtschaftsbetriebe, können sich nur ansiedeln und sich dauerhaft am Markt behaupten, wenn ihnen die Rohstoffe als ihre Geschäftsgrundlage kontinuierlich und langfristig zur Verfügung stehen.

 

Mit Rohstoffen gesegneten Flächen sollten möglichst nicht anderweitig genutzt werden. Hier greift als regelndes Instrument die Rohstoffsicherung.

Dort wo in unsere Region Bims, Basalt, Lava, Ton oder andere Rohstoffe vorkommen, wurden/werden die Vorkommen kartiert und in eine  Rohstoffsicherungskarte aufgenommen. Die Nutzung der Rohstoffe hat dann gegenüber anderen Nutzungen eine gewisse Vorrangstellung.

Dieser Vorgehensweise macht Sinn.

Ein Wohngebiet oder ein Golfplatz lassen sich in seiner Lage verschieben. Hingegen ist der Abbau von Rohstoffen an den Ort des Vorkommens gebunden. 

 

Energie wird u.a. aus Kohle, Gas, Uran und auch Wind erzeugt.

Für die an den Boden gebundenen Rohstoffe greift die Rohstoffsicherung.

Analog zu den Bodenschätzen gibt es auch in unserer Region Standorte,  an denen der Rohstoff Wind besonders günstige Rahmenbedingungen für seine Nutzung bietet. Entgegen der sonst für Rohstoffe üblichen Vorgehensweise haben  diese "windhöffigen“ Standorte keinen Schutz durch die Rohstoffsicherung. 

 

Der Gesetzgeber hat auf Bundesebene die Nutzung der Windenergie als privilegiertes Vorhaben im Außenbereich im Baugesetzbuch festgeschrieben. Der gleiche Paragraph, der es Landwirten erlaubt, mit ihrem Betrieb auf der grünen  Wiese zu siedeln, regelt auch die Aufstellung von Windrädern.

 

Logischerweise bevorzugen die Betreiber von Windkraftanlagen Standorte mit möglichst hoher mittlerer Windgeschwindigkeit in unserer Region. Sie versprechen die beste Windausbeute und damit auch den höchsten wirtschaftlichen Ertrag. 

 

Über die gesetzliche Regelung des Baugesetzbuches hinaus, versucht die Planungsgemeinschaft Mittelrhein bereits seit Jahren, die Nutzung der Windkraft im Regionalen Raumordnungsplan Teilplan Windenergie für den Landkreis Mayen-Koblenz  und darüber hinaus zu regeln.

Der erste Planungsansatz wurde per Gerichtsentscheid aufgehoben. Ursache hierfür war der zu geringe Anteil der für die Windkraftanlagen vorgesehenen Fläche.  Nach Einschätzung der Richter hat der Regionale Raumordnungsplan (RROP) in unrechtmäßiger Weise die vom Gesetzgeber ausgesprochene Privilegierung der Windkraftanlagen aufgehoben. Die Rechtswirksamkeit des Plans wurde deshalb per Gerichtsbeschluß aufgehoben.

 

Entgegen der sonst für Rohstoffe üblichen Praxis der Rohstoffsicherung, finden die für die Energiegewinnung besonders begünstigten Standorte in der Region im jetzt aktuell vorliegenden neuen Teilplan Windenergie keine Berücksichtigung.

Statt dessen wird von einer im gesamten Planungsgebiet die nach dem Stand der Technik erforderliche Anlaufgeschwindigkeit für Windkraftanlagen von 3,5 m/s ausgegangen. Den Winddaten wird in der Regel nur ein dokumentarischer Charakter zugesprochen (Vergl. RROP Teilplan Windenergie Pos. 2.4 Windhöffigkeit).

Der gewählte Ansatz erscheint geeignet, die gesamte Vorgehensweise und damit auch das vorliegende Planwerk in seiner Gesamtheit in Frage zu stellen. 

 

Ein Beurteilungskriterium für die wirtschaftliche Eignung eines Standortes ist die mittlere Windgeschwindigkeit. Sie wird rechnerisch aus den am Standort auftretenden Windverhältnissen ermittelt und in Windkarten dargestellt. 

Die mittlere Windgeschwindigkeit geht mit der dritten Potenz in die Berechnung der an einem Standort zu erzeugenden Energie ein. Ihr kommt damit eine maßgebliche Bedeutung für den wirtschaftlichen Betrieb einer Anlage zu. Hierzu ein Beispiel:

Ein beliebiger Standort mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 3,5 m/s wird als Referenzwert mit einer  Effektivität von 100 % angesetzt.

Ein Standort mit der nur geringfügig höheren mittleren Windgeschwindigkeit von 4,0 m/s erreicht gegenüber dem Referenzstandort bereits eine um 150 % höhere Effektivität.

Eine mittlere Windgeschwindigkeit von 5 m/s steigert die Effektivität gegenüber dem Referenzstandort auf über 290 %.
Standorte mit mittleren Windgeschwindigkeiten von 6 m/s erreichen gegenüber dem Referenzstandort eine um  500 % bessere Effektivität bzw. Energieausbeute. 

 

Das Beispiel verdeutlicht die entscheidende Bedeutung der mittleren Windgeschwindigkeit für die Beurteilung der Standortgunst für die Nutzung des Rohstoffs Wind.

 

Die von der Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald für den Teilplan Windenergie gewählte Vorgehensweise vernachlässigt diesen Sachverhalt und schränkt die vom Gesetzgeber festgelegte  Privilegierung der Windkraft gleich zweifach ein:

die windreichsten und damit für die Energieerzeugung durch Windkraftanlagen wirtschaftlichsten Standorte werden weder identifiziert noch für diese Nutzungsform  ausgewiesen 

die mögliche Nutzung der Windkraft wird auf wenige Flächen beschränkt, ohne auf die Qualität der ausgewiesenen Standorte in bezug auf die wirtschaftliche Standortgunst Rücksicht zu nehmen.

 

Die Ungleichbehandlung von natürlichen Ressourcen ist offensichtlich in dieser Form von der Planungsgemeinschaft gewünscht. Die juristische Belastbarkeit der aus der gewählten Vorgehensweise resultierenden Regelung der Windenergie in unserer Region  ist fraglich.

Sollte auch der neue Teilplan Windenergie per Gerichtsurteil aufgehoben werden, hätte die Planungsgemeinschaft der Region zum zweiten Mal einen Bärendienst erwiesen. Als Indiz für diesen gut gemeinten Bärendienst kann auch das fehlende Gesamtkonzept zur Nutzung der Windenergie in der Region gewertet werden. Die Erstellung eines solchen Konzeptes hätte allerdings den Willen  vorausgesetzt, der Erzeugung von elektrischer Energie durch Windkraft in unserer Region einen Stellenwert zuzubilligen und diesen auch näher zu quantifizieren. Ohne Energiekonzept den Teilplan Windenergie als Regelinstrument einzusetzen birgt grundsätzlich die Gefahr, relevante Faktoren nicht oder nicht ausreichend zu erkennen und in der darauf aufbauenden Regelung angemessen zu beurteilen. Es bleibt abzuwarten, was aus dem Teilplan  Windenergie wird. Regelinstrument oder heiße Luft.  Selbst für den Fall, dass auch dieser Plan durchfällt.  Ungeregelt bleibt die Nutzung des Rohstoffs Wind auch dann nicht.  Ohne rechtskräftigen Teilplan Windenergie werden die Windräder, wie bisher auch, weiterhin nach Baurecht genehmigt.

 

Nachtrag:

Der Artikel ist nun älter als ein Jahr.

Es bedurfte diesmal keines Gerichts den neuen Teilplan Windenergie der Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald aufzuheben.  Der Plan wurde bereits vom Ministerium in Mainz  gekippt.

Die Planungsgemeinschaft verzichtete darauf, gegen diese Entscheidung Rechtsmittel einzulegen. Die Entscheidung ist damit  rechtswirksam und die Region bleibt auch weiterhin ohne verbindlich regelndes Planungsinstrument. Viel Wind wurde von der Planungsgemeinschaft gemacht und genehmigt wird letztendlich dann doch nach dem Baugesetzbuch und dem Bundesimmissionsschutzgesetz. 

Nach zwei Mißerfolgserlebnissen ist augenblicklich auf der Ebene der Regionalplanung offensichtlich kein erneuter Vorstoß gegen die Windkraftanlagen vorgesehen.

Die auf höherer Ebene gescheiterte Verhinderung der Windenergieanlagen obliegt nun den Verbandsgemeinden. Durch entsprechende Beschlüsse in den Verbandsgemeinderäten wurden und werden die Flächennutzungspläne „windfest“ gemacht.

Auch hier ist zu erwarten, daß diese Vorgehensweise vor Gericht keinen Bestand haben wird.

Wie sich die Landesregierung die weitere Vorgehensweise vorstellt wird aus der Antwort einer kleinen (Licht ;-)) Anfrage im Landtag klar. (hier)

 

Windräder erhitzen die Gemüter in Westerwald und Eifel zuverlässig. 

Das war so, das ist  so und damit kann man auch in Zukunft rechnen.

Die Gegner der Windkraft werden nicht müde, jedes  Vorkommnis an dem ein Windrat beteiligt war, auch weiterhin medienwirksam zu zelebrieren.

Vermeintliche Anwälte verunsicherter und verängstigter Bürger spekulierten schon immer auf ihre Ernte am Wahltag. 

Für oder gegen Windkraft, auf beiden Seiten spielen in der Beurteilung  möglicher Risiken Emotionen eine große Rolle.

Wie die Risiken der Windenergieanlagen von den eher emotionslos und logisch kühl kalkulierenden Haftpflichtversicherern eingeschätzt werden, läßt sich direkt aus den jeweils zu zahlenden Versicherungsbeiträgen ablesen.

Versicherungsprämien werden  nach der zu erwartenden Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens und der damit verbundenen Schadenshöhe auf der Grundlage statistischer Berechungen festgelegt.

Eine hohe Schadenswahrscheinlichkeit und teure Schäden nach Schadenseintritt  treiben dann zwangsläufig die Kosten für die Versicherungspolice in die Höhe. 

Für die heute üblichen 3 MW Windenergieanlagen verlangen die Haftpflichtversicherer zur Abdeckung von  Personenschäden aktuell Beiträge in der Größenordung von weniger als 100 (in Worten: einhundert) Euro pro Jahr  (Quelle: hier).

Der Unterschied in der Gefährdungsbeurteilung ist offensichtlich.

Entscheiden Sie selbst, wem Sie eher glauben. Den Finanzmathematikern der Versicherungen oder denen, die Windkraftanlagen für so gefährlich halten, daß sie einen 1000 m Sicherheitsabstand  um die Anlagen fordern.

Mehr Informationen zu den relevanteren Risiken der Energieerzeugung finden Sie übrigens  hier.

 

Wie es in Deutschland mit der Nutzung der Windenergie weiter gehen könnte hat das Umweltbundesamt untersuchen lassen. Den Endbericht des Forschungsprojektes Umweltstrategie Windkraftnutzung in Deutschland   vom März 2007 finden Sie  hier.

 

Noch Fragen? Gerne! hier

 

Verantwortlich für den Inhalt

 

Norbert Leimbach

Webmaster Maifeld21

 

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